Berlin, Montag, 29. Juni 2020: Die Bundesregierung hat angekündigt, Handelspolitik als einen Schwerpunkt der bevorstehenden deutschen Ratspräsidentschaft zu setzen, unter anderem will sie das geplante Handelsabkommen der EU mit den Mercosur-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay vorantreiben. Dagegen richten sich am Montag 60 zivilgesellschaftliche Organisationen aus den Bereichen Umweltschutz, Landwirtschaft, Menschenrechte, Fairer Handel und Humanitäre Hilfe. Unter dem Motto „Zeit zum Umdenken: Kein Weiter so!“ werden sie vor dem Bundeskanzleramt in Berlin gegen das EU-Mercosur-Abkommen protestieren sowie einen gemeinsamen Aufruf veröffentlichen.
Aufruf : „Zeit zum Umdenken – EU-Mercosur-Abkommen stoppen!“
Seit 20 Jahren dauern die Verhandlungen zwischen der EU und dem südamerikanischen Staatenbund Mercosur (Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay) an. Im vergangenen Juni wurde eine politische Verständigung erzielt. Seither wird an der Erarbeitung eines unterzeichnungsreifen Vertrags gearbeitet. Doch die Mehrheit der Bürger*innen lehnt das Abkommen ab. Die Parlamente der EU-Mitgliedstaaten Frankreich, Belgien, Irland und Niederlande haben deutliche Kritik geäußert, die österreichische Regierung will das Abkommen in der jetzigen Form nicht unterzeichnen. Denn kaum ein Abkommen ist so sehr dem Denken und politischen Handeln der Vergangenheit verpflichtet wie das EU-Mercosur-Abkommen.
Das EU-Mercosur-Abkommen steht für
die Verhinderung von existenzsichernden landwirtschaftlichen Erzeugerpreisen in den Mercosur- und EU-Staaten durch eine exportorientierte Agrarpolitik, sowie die Unterminierung von Tierwohl und lokaler Lebensmittelerzeugung. Mehr Tierwohl in Deutschland kostet die Bauernhöfe Geld und gleichzeitig sollen sie mit billigen Fleischimporten aus den Mercosur-Ländern konkurrieren. In den Mercosur-Ländern verstärken die steigenden Fleischexporte und zunehmender Soja- und Zuckerrohranbau (Biokraftstoffe) die Zerstörung der Umwelt und führen zu mehr Gentechnik- und Pestizideinsatz sowie zur Gewässerverschmutzung.
die Verschärfung der Klimakrise. Das Abkommen treibt die Abholzung des Amazonasregenwaldes, des Cerrados und der Trockenwälder des Chaco weiter voran, die eine essentielle Bedeutung für die Stabilisierung des Weltklimas und für die biologische Vielfalt haben. Zudem dient es der Absatzförderung für besonders klimaschädliche Autos.
die Zunahme von Menschenrechtsverletzungen, wie die Vertreibung von Kleinbauern und -bäuerinnen sowie Indigenen von ihrem Land. Insbesondere unter dem brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro sind Menschenrechtsverletzungen gegen Minderheiten und Oppositionelle sowie die Beschneidung von Arbeitnehmer*innenrechten an der Tagesordnung. Durch den Abschluss eines Handelsabkommens belohnt die EU diese Politik und widerspricht ihren eigenen demokratischen Werten.
Die Corona-Krise hat gezeigt, dass die immer weiter fortschreitende ungesteuerte Globalisierung nicht zu einer gerechten und ökologischen Weltwirtschaft führt. Die EU sollte zukünftig ihre handelspolitischen Ambitionen darauf konzentrieren, ökologisch, sozial, menschenrechtlich und entwicklungspolitisch kohärente, multilaterale Handelsbeziehungen mitzugestalten.
Nicht, dass wir weniger Kooperation mit Südamerika bräuchten – wir brauchen sogar mehr: für die Bekämpfung von Hunger und Armut, für Klimaschutz, für die Durchsetzung der ILO-Kernarbeitsnormen und der Menschenrechte. Das geplante Abkommen der EU mit dem Mercosur geht jedoch genau in die falsche Richtung.
Wir fordern deshalb Bundesregierung und EU-Kommission auf: Kein „Weiter So“! Stoppen Sie die Arbeit an dem aktuellen Handelsabkommen der EU mit dem Mercosur.
Unterzeichner
- Agrar Koordination
- Aktion 3.Welt Saar e.V.
- Aktion Agrar
- Aktionsgemeinschaft solidarische Welt (ASW)
- Aktionsgruppe Indianer & Menschenrechte e.V.
- Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL)
- Attac
- Berliner Wassertisch
- Biokreis e.V.
- Bischöfliche Aktion Adveniat e.V.
- Bischöfliches Hilfswerk MISEREOR e. V.
- Bloque Latinoamericano Berlín
- Brot für die Welt
- Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ)
- Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND)
- Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft e.V. (BÖLW)
- Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) e. V.
- Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN) e.V.
- Campact
- Caritas international
- Christliche Initiative Romero (CIR)
- Deutsche Umwelthilfe e.V.
- Deutscher Naturschutzring (DNR)
- Eine Welt Forum Freiburg e.V.
- FIAN Deutschland
- Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika (FDCL)
- Forum Fairer Handel
- Forum für Umwelt und gerechte Entwicklung e.V. – FUgE
- Forum Umwelt und Entwicklung
- Gemeinsam gegen die Tierindustrie
- Gen-ethisches Netzwerk e.V. (GeN)
- Gesellschaft für bedrohte Völker
- Greenpeace
- Informationsstelle Lateinamerika – ila (Bonn)
- Informationsstelle Peru
- Inkota-netzwerk
- Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB)
- Katholische Landjugendbewegung Deutschlands (KLJB) e.V.
- Kooperation Brasilien (KoBra)
- Medico International e.V.
- NABU – Naturschutzbund Deutschland e.V.
- NaturFreunde Deutschlands e.V.
- Naturland – Verband für ökologischen Landbau e.V.
- Netzwerk Energie-Hunger – Nein Danke
- Netzwerk Gerechter Welthandel
- OroVerde – Die Tropenwaldstiftung
- Oxfam Deutschland
- Pestizid Aktions-Netzwerk e.V. (PAN)
- POEMA e.V.
- PowerShift
- PROVIEH e.V.
- Regenwald Institut e.V.
- ROBIN WOOD e.V.
- Slow Food
- SumOfUs
- terre des hommes Deutschland e.V.
- Umweltinstitut München e.V.
- Verband Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe (VENRO)
- Weltladen-Dachverband e.V.
- Wir haben es satt!-Bündnis